Industrie 4.0: Auf dem Weg zum demokratischen Unternehmen mit Innovationskultur

Neben der Ermöglichung einer sicheren und reibungslosen Maschinen-Maschinen Kommunikation für automatisierte Produktionsprozesse, bietet Industrie 4.0 die Chance, dass Menschen mehr Gestaltungsraum für ihre Arbeit nutzen können. Grundlage dafür ist neben der technischen auch eine kulturelle Weiterentwicklung in Unternehmen.
Ich will mit diesem (etwas längerem als üblich) Artikel Impulse, Ideen und Anregungen geben, wie eine Unternehmensentwicklung mit dem Ziel Industrie 4.0 gelingen kann. Dazu habe ich meine Erfahrungen im Changemanagement genutzt, die ich in den letzten Jahren in kleineren Unternehmen und in der Industrie sammeln durfte. Und ich fange mit einer fiktiven Geschichte im Jahr 2017 an.


Sommer 2017. Frau Caglar arbeitet als Schichtcoach in einer Papierfabrik. Sie beginnt ihre Arbeit heute schon um 7.00 Uhr, da ihr Mann sich heute um die Kinder kümmern kann.
Um 7.00 ist Schichtübergabe, deswegen geht Frau Caglar zum großen Flat-Screen in der Werkshalle. Ein kleines Gerät neben dem Bildschirm, der Kintec VC2, erkennt ihr Gesicht und der Bildschirm zeigt daraufhin die individualisierte Benutzeroberfläche mit allen relevanten Informationen für die Schichtcoachin. Nachdem sie erfahren hat, dass alles nach Plan läuft geht sie in die Halle zu ihren Mitarbeitenden. Dies ist noch nicht lange selbstverständlich, denn in den letzten Jahren hatten sich die Führungskräfte nur all zu oft von der Werkbank in Richtung Schreibtisch bewegt. Statt um Verwaltung und Bürokratie kümmern sich ehemalige Meister, Gruppenleiter_innen und Abteilungsleiter_innen nun als Coach um die Produktion und die Belange der Mitarbeitenden. Shopfloor-Management heißt die Methode, die sich in vielen Fabriken etabliert hat.
Die Arbeitsgeräte von Frau Caglar sind ein Tablet und ein Smart Phone. Beide Geräte sind mit Arbeits-Apps ausgestattet, so dass sie mobil sein kann und trotzdem gut informiert ist.
Durch die in den letzten Jahren weitergegangene Automatisierung sind heute alle Maschinen durch die Cloud miteinander verbunden. Die Cloud agiert dabei wie ein Marktplatz, auf dem sich Anbieter und Kunden einander, wechselseitig und kontextabhängig finden und austauschen können. Die Papierfabrik, in der Frau Caglar arbeitet, ist so mit anderen Papierherstellern, Kunden und Zulieferern weltweit verbunden und kann Aufträge in Echtzeit abstimmen und individuelle Kundenwünsche schnell und effizient bedienen.

 
Im Team von Frau Caglar werden neben Tablet und Smart Phone auch Datenbrillen, wie die von Google, verwendet. Auch dies hat sich bewährt, denn auf diese Weise können Alerts, also Problemmitteilungen, als auch Produktions- und Wartungsinformationen sofort angezeigt werden, ohne dass Mitarbeiter an die Maschinen oder zu den Arbeitsplätzen müssen. Fast jeder im Team kann auf Daten zugreifen, die ihm zeigen, wie die Maschinen arbeiten. Mit der Datenbrille hat man die Sicht auf die Maschine und kann diese mit der Chefin oder anderen Facharbeitern teilen. Auch Wartung oder Reparatur kann somit schneller durchgeführt werden.

 
Gegen 11.20 zeigt das Smart Phone von Caglar ein Problem an. Es gibt ein Qualitätsproblem mit der Papierlieferung für einen Kunden und es muss zeitnah nachproduziert werden. Am Flat Screen sieht Frau Caglar welche Lösungsszenarien ihr das System anbietet. Dabei werden berücksichtigt, welche Produktionseinheiten wo frei sind, welche Zulieferer welche Qualität liefern können, welche Wege am kürzesten sind und welche Transportunternehmen liefern und zuliefern können. Sie kann zwischen drei Szenarien wählen und stimmt sich dabei über einen Live-Chat mit ihrem Zulieferer in Osteuropa ab. Sie wählt Szenario 2 und daraufhin organisiert das System benötigte Mengen, Arbeitseinheiten an den Maschinen und die Logistik. Neben der Zeitersparnis kann so die kostengünstigste und ressourcen-schonenste Variante gewählt werden.
Pünktlich um 12.00 trifft sie sich mit ihren Mitarbeitenden zum Daily Scrum (eine agile Projektmanagement-Methode) In max. 15 Minuten wird dann besprochen, welche Arbeiten anstehen, wer welche Arbeiten übernehmen möchte und welche Hindernisse zum Erledigen der Aufgaben noch aus dem Weg geräumt werden müssen. Dokumentiert wird dieses an der Scrum Wand, in der die Aufgaben für jeden sichtbar sind. Ebenso der aktuelle Stand im Projekt “ IT Sicherheit-Faktor Mensch“.
Danach gehen alle in die gemütliche Kantine, in der hauptsächlich Bio-Produkte aus der Region angeboten werden.

Was ist auf dem Weg zu Industrie 4.0 zu tun?

In der vierten industriellen Revolution, die durch das Internet getrieben ist, wachsen reale und virtuelle Welt immer weiter zu einem Internet der Dinge zusammen. In der neuen Industrieproduktion sind die Produkte individualisiert und werden hoch flexibel produziert. Kunden und Geschäftspartnern sind integriert in Geschäfts- und Wertschöpfungsprozesse. Durch die Kopplung von Produktion und hochwertigen Dienstleitungen, entstehen hybride Produkte. Die deutsche Industrie hat jetzt die Chance, die vierte industrielle Revolution aktiv mitzugestalten. (Vgl. BMBF http://www.bmbf.de/de/9072.php)
Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel führt dazu aus: „Zu den besonderen Herausforderungen von Industrie 4.0 gehört die industrielle IT-Sicherheit. Sie ist eine Voraussetzung für Akzeptanz und Vertrauen auf Kundenseite. Auch die Rechtssicherheit beim Datenschutz und der Produkthaftung sowie die Zukunft der Arbeit, insbesondere beim Arbeitsschutz und der Qualifizierung, werfen neue Fragen auf. Wichtig ist mir, dass die vierte industrielle Revolution nicht zu menschenleeren Fabriken führt. Das muss keineswegs so sein. Industrie 4.0 eröffnet Mitarbeitern neue Gestaltungspielräume. Sie benötigt mehr und anders ausgebildete Fachkräfte.“

Die vierte industrielle Revolution ist eher eine Evolution und hat schon in Teilen begonnen. „Schon heute können sich Kunden ihr Auto am PC oder in virtuellen Verkaufsräumen zusammenklicken. In Zukunft sollen sie darauf nicht mehr monatelang warten, sondern mittels totaler Vernetzung ihr Auto quasi in Echtzeit aufs Band schicken.“ Quelle: IG Metall http://www.igmetall.de/industrie-4-0-die-rolle-der-beschaeftigten-in-der-intelligenten-13994.htm
Welche Rahmenbedingungen braucht Deutschland, damit Unternehmen durch Industrie 4.0 einen Wettbewerbsvorteil generieren können? Durch den Arbeitskreis Industrie 4.0 wurden 2013 folgende Handlungsempfehlungen gegeben:

Herausforderungen und Handlungsfelder im „Zukunftsprojekt Industrie 4.0“
• Sicherheit als erfolgskritischer Faktor
• Rechtliche Rahmenbedingungen
• Arbeitsorganisation und Arbeitsgestaltung im digitalen Industriezeitalter
• Normung, Standardisierung und offene Standards für eine Referenzarchitektur
• Beherrschung komplexer Systeme
• Flächendeckende Breitbandinfrastruktur für die Industrie
• Aus- und Weiterbildung
• Ressourceneffizienz
• Neue Geschäftsmodel
Quelle: Vgl. Arbeitskreis Industrie 4.0 (Forschungsunion, acatech): Umsetzungsempfehlungen für das Zukunftsprojekt Industrie 4.0, April 2013

Diese Ausarbeitung legt einen Schwerpunkt in der Betrachtung des Handlungsfeldes Arbeitsorganisation und –gestaltung.
Arbeitsorganisation und –gestaltung werden zum einen von technischen Rahmenbedingungen geprägt und zum anderen von der Unternehmenskultur. Die Innovationskultur nimmt innerhalb der Unternehmenskultur einen besonderen Stellenwert ein und kann für die Beantwortung der Frage „Wie sieht der Arbeitsplatz der Zukunft aus?“ herangezogen werden. Die Handlungsfelder Arbeitsorganisation, Arbeitsgestaltung und Aus- und Weiterbildung werden daher unter dem Begriff der Innovationskultur betrachtet.

Was ist Innovationskultur?

Jedes Unternehmen hat eine Kultur und viele Unternehmen sind innovativ. Untersuchungen zeigen jedoch, dass es erhebliche kulturelle Unterschiede in Unternehmen gibt, die einen wesentlichen Beitrag zum Erfolg eines Unternehmens liefern. (Sackmann 2006, Abschlussbericht Forschungsprojekt Nr. 18/05 Unternehmenskultur, Arbeitsqualität und Mitarbeiterengagement in den Unternehmen in Deutschland. Bundesministeriums für Arbeit und Soziales.)
Unternehmen, die Innovationskultur leben, geben ein Versprechen, besser zu werden und Entwicklungen im technischen, sozialen und/oder ökologischen aufzugreifen und zu nutzen. Sie sind im Kern eine lernende Organisation, die mitarbeiterzentriert agiert und dadurch demokratische Elemente umsetzt. Unternehmen mit einer ausgeprägten Innovationskultur nutzen vielleicht auch Innovationsmanagement, jedoch macht dies nicht den alleinigen Erfolg aus. Vielmehr ist es das Interesse daran, die Potentiale der Mitarbeitenden zu fördern und zu unterstützen. Partizipative Strukturen und flache Hierarchien sind oft die Folge. Dabei ist jede Unternehmenskultur individuell und es gibt viele Formen der Innovationskultur.

 Abbildung 1 Ökosystem Organisation.
Ein Unternehmen wird von außen von technologischen, sozialen und ökologischen Entwicklungen, die regional und überregional (global) stattfinden beeinflusst. Struktur, Führung, Strategie, Kommunikation und schließlich die Kultur reagieren darauf und verändern sich. Innovative Organisationen nutzen die Entwicklungen und produzieren soziale oder technologische Innovationen, die wiederum die äußere Entwicklung regional und überregional (global) beeinflussen und Trends bestärken.
Unter dem Begriff Innovationskultur werden daher alle Normen, Wertvorstellungen und Denkhaltungen verstanden, die das Verhalten der am Neuerungsprozess beteiligten Personen prägen und an denen diese sich orientieren. Die Innovationskultur beschreibt eine spezifische Ausprägung der Organisationskultur, die vor allem die Generierung von Innovationen im Unternehmen fördern soll. Die durch die Innovationskultur geschaffenen positiven Anreize auf die Mitarbeiter führen zu einer Erhöhung der Innovationskraft des Unternehmens.

Grundlegend wird Kultur sichtbar durch Verhalten und gelebte Werte. Verhalten im Unternehmen kann durch Führung und jeden selber verändert werden. Auf die Werte, die jeder Mensch in sich trägt, hat man nur indirekt Einfluss.

Abbildung 2 Die Geschichte der Innovation

Wie kommt das Neue in die Welt? Wie bekommen wir einen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen? Diese Fragen beschäftigen Unternehmen jeder Größe. Und die Antworten auf die Fragen haben sich im Lauf der Zeit verändern. Während man früher stolz darauf war eine Abteilung für Forschung und Entwicklung zu haben, hat man später angefangen dazu Prozesse zu optimieren (Lean Management). Mit dem Internet kamen die Möglichkeit dazu die Ideen und das Wissen von vielen zu einzubeziehen. In Open Innovation Projekten nutzt man Communitys um Software oder Produkte zu bewerten und sogar weiterzuentwickeln. Der nächste Entwicklungsschritt ist zu diesen drei Möglichkeiten den Mitarbeitenden mit seinen Potenzialen in den Mittelpunkt zu stellen und Innovationskultur als Leitkultur im Unternehmen zu leben.
Das Fraunhofer MOEZ formuliert es so, dass die Innovationskultur eine herausragende Stellung als Leitkultur für einen nachhaltigen Unternehmenserfolg darstellt. Nachhaltiger Unternehmenserfolg kann nur durch die Erfahrung und das Wissen der Beschäftigten gesichert werden.

 Das Fraunhofer MOEZ differenziert bei der Betrachtung der Innovationskultur in drei Bereiche:
1) Humankapital
Entwicklung von Kompetenzen, Motivation und Zusammenarbeit. Förderung der Kommunikation, der Fehlertoleranz und der Bereitschaft zu interdisziplinären Problemlösung.
2) Strukturkapital
Aufbau von Prozessen und Strukturen, die Zusammenarbeit und Weiterentwicklung ermöglichen
3) Beziehungskapital
Förderung der Kooperation, Kommunikation, Wissenstransfer zwischen Kunden, Lieferanten und Partnern

In der Studie von Prof. Sonja Sackmann „ Betriebsvergleich Unternehmenskultur: Welche kulturellen Faktoren beeinflussen den Unternehmenserfolg? (2006) wurden sieben Dimensionen herausgearbeitet, die Erfolgsfaktoren für Betriebe waren
1. Klare und kommunizierte Identität
2. Durchgängige Strategische (Ziel-) Orientierung
3. Kundenorientierung
4. Lern-, Anpassungs- und Innovationsfähigkeit
5. Nutzen der Potentiale der Mitarbeiter_innen und partnerschaftliche, kulturkonforme Führung, offene Kommunikation
6. Leistungsorientierung
7. Balancierte Stakeholder-Orientierung
Als Gütemasse wurden:
8. strategische Planung
9. multidimensionale Orientierung
10. Konsistenz zwischen normativen Anspruch und gelebtem Verhalten herausgearbeitet.


Betrachtet man nun die Herausforderung von Industrie 4.0 und der Zukunft der Arbeit in Arbeitsorganisation und –gestaltung, dann kann man Parallelen zu Unternehmen ziehen, die jetzt schon eine Innovationskultur leben und erfolgreich am Markt sind. Diese werden später als Beispiele herangezogen.

Und das BMWi formuliert; „Innovationsfähigkeit benötigt auch ein hohes Maß an Kommunikation und Kooperation über alle Funktionsbereiche des Unternehmens hinweg: von der Forschung und Entwicklung über die Konstruktion und Arbeitsplanung bis hin zur Produktion, zum Vertrieb und zum Service. Dazu gehören unter anderem Partizipationsmöglichkeiten und Handlungsspielräume, anspruchsvolle Aufgaben, Lernmöglichkeiten bei der Arbeit, Transparenz bezüglich der Arbeitsabläufe auch jenseits des eigenen Arbeitsplatzes und der eigenen Abteilung sowie eine ausgeprägte Informations- und Feedbackkultur.

Beides – Organisation und Technik – muss gemeinsam mit dem Menschen und seinen Bedürfnissen berücksichtigt werden, wenn die Arbeit in Industrie 4.0 gestaltet wird. Quelle: AUTONOMIK für Industrie 4.0 BMWi Juni 2014

Würden man jedoch im Rahmen von Industrie 4.0 nur die Arbeitsplatzgestaltung und –organisation und die Weiterbildung betrachten, dann würde dies zu kurz greifen. Erst der ganzheitliche Ansatz im Rahmen einer kulturellen Unternehmensentwicklung schafft die Basis für einen langfristigen Unternehmenserfolg und für die erfolgreiche Einführung von Industrie 4.0.

Anmerkung: Die Ministerien in Belgien arbeiten auch nach demokratischen Prinzipien. Die Führungskräfte werden von den Mitarbeitenden bewertet und bei schlechter Leistung abgesetzt/gekündigt. Die Arbeitsergebnisse haben sich nach der umfangreichen Umstrukturierung erheblich verbessert (Fallbearbeitung früher 18 Monate, heute 4)

Was erwartet uns in der digitalen Arbeitswelt?

In einer intelligenten Fabrik, in der Maschinen mit Maschinen kommunizieren ändert sich die Arbeit von Menschen in einem erheblichen Maß. Die Arbeit muss auf verschiedenen Ebenen flexibler werden und dies wird mit den derzeitigen Instrumenten und Unternehmenskulturen oft noch nicht in einem ausreichenden Maß umgesetzt.
Experten aus dem Arbeitskreis Industrie 4.0 sagen dazu:
„Innovationshandeln kann sich dabei keineswegs allein auf die Bewältigung technischer Herausforderungen konzentrieren, sondern muss den Fokus konsequent auf eine intelligente Organisation der Arbeit und die Fähigkeiten der Beschäftigten erweitern. Denn diese werden bei der Umsetzung und Absorption der technischen Innovationsimpulse die zentrale Rolle spielen. Arbeitsinhalte, -prozesse und -umgebungen werden einen erheblichen Wandel erleben – mit Ausstrahleffekten auf Flexibilität, Arbeitszeitregelungen, Gesundheit, Demografie und Lebenswelt. In dieser Konstellation bedarf die erfolgreiche Integration von Zukunftstechnologien der intelligenten Einbettung in eine innovative (betriebliche) Sozialorganisation.“ Quelle: Vgl. Arbeitskreis Industrie 4.0 (Forschungsunion, acatech): Umsetzungsempfehlungen für das Zukunftsprojekt Industrie 4.0, April 2013

Zukünftig sollen Arbeiterinnen und Arbeiter die intelligent vernetzten Produktionsressourcen und –schritte nach situativen und kontextabhängigen Zielvorgaben eigenverantwortlich steuern, regulieren und gestalten. Die Mitarbeiter können sich dann auf die kreativen, wertschöpfenden Tätigkeiten fokussieren, da sie von Routineaufgaben entlastet werden. Die Beschäftigten spielen damit die entscheidende und vor allem die qualitätssichernde Rolle. Gleichzeitig bieten flexible Arbeitsbedingungen Möglichkeiten zur verbesserten Vereinbarkeit mit individuellen Bedürfnissen.“ Quelle: Vgl. Arbeitskreis Industrie 4.0 (Forschungsunion, acatech): Umsetzungsempfehlungen für das Zukunftsprojekt Industrie 4.0, April 2013

Und auch Professor Dr. Henning Kagermann (Präsident Deutschen Akademie für Technikwissenschaften (acatech) ) formuliert, dass Selbststeuerung die Form der fest vorgegebenen Arbeitsanweisungen ablösen wird. Zeitliche Flexibilität und lebenslanges Lernen werden mehr und mehr zu betrieblicher Realität werden, so die Einschätzung des Wissenschaftlers.

Das Fraunhofer IAO formuliert aufgrund einer Studie die Szenarien für den Produktionsarbeiter der Zukunft u.a. wie folgt:
• Die Aufgaben traditioneller Produktions- und Wissensarbeiter wachsen weiter zusammen.
• Produktionsarbeiter übernehmen vermehrt Aufgaben für die Produktentwicklung.
• Mitarbeiter müssen für kurzfristigere, weniger planbare Arbeitstätigkeiten
On-the-Job qualifiziert werden

Flexibilität ist einer der Megatrends der Zukunft und kann in der zukünftigen Form mit den aktuellen Flexibilitätsinstrumenten nicht abgedeckt werden. Unternehmen müssen frühzeitig anfangen, die Weichen für die Zukunft zu stellen, Mitarbeiter ausreichend zu qualifizieren und sich auch über neue Instrumente Gedanken zu machen – wie zum Beispiel über die direkte, kooperative Abstimmung der Mitarbeiter über die Aufgaben- und Schichtverteilung.

Welche Anforderungen kommen auf die Beschäftigten zu?

In einer stärker digitalisierten Arbeitswelt verändern sich auch die Herausforderungen für Führungskräfte und Arbeitnehmern.
Die neuen Kompetenzen:
 1. erhöhte Komplexitäts-, Abstraktions- und Problemlösungsanforderungen
2. hohes Maß an selbstgesteuertem Handeln
3. kommunikativen Kompetenzen
4. Fähigkeiten zur Selbstorganisation
5. Lebenslanges Lernen


Die Chancen auf qualitative Anreicherung, interessante Arbeitszusammenhänge, zunehmende Eigenverantwortung und Selbstentfaltung, werden wohl durch Industrie 4.0 steigen.

“Der steigende Automatisierungsgrad, der mit Industrie 4.0 erreicht wird, kann zu neuen Freiräumen führen. Zu einer kreativeren Arbeit als heute.” Voraussetzung dafür sei allerdings, dass das Qualifikationsniveau der Beschäftigten steige. Detlef Zühlke IG Metall
“Zur effizienten Nutzung braucht es Kreativität und Spielräume.” Bei den konkreten arbeitspolitischen Gestaltungsansätzen zu Industrie 4.0 müssten “humanorientierte Kriterien” ebenso eine zentrale Rolle spielen wie umfassende Beteiligungsmöglichkeiten. Jörg Hofmann IG Metall
Die Auswirkungen von Industrie 4.0 auf die Arbeit erläutert Constanze Kurz (IG Metall): „Wenn die zentrale, hierarchische Steuerung entfällt, können Gestaltungsspielräume für die Beschäftigten entstehen. Und diese Gestaltungsspielräume müssen wir nutzen. Dann wird auch die Arbeit besser, interessanter, verantwortungsvoller – und wird sich mehr in Richtung Problemlösung verlagern.”

Zum Schluss das Fazit: The consequense of digital transformation is human transformation

Die zunehmende Automatisierung hin zur Industrie 4.0 erfordert weitergehende Kompetenzen von Mitarbeitenden aber auch im Besonderen von Führungskräften. Der Umgang mit den neuen Chancen wie „Gestaltungsräume nutzen“, „kreativer und eigenverantwortlicher arbeiten“ muss ein Unternehmen, das bisher wenige Gestaltungsräume gegeben hat erst lernen. Für eine hierarchisch ausgeprägte Organisation ist der Weg zur Smart Factory mit einem Kulturwandel verbunden, der sie neben den technischen Entwicklung vor große Herausforderungen stellt. Denn der Wegfall oder die Veränderung von zentralen, hierarchischen Organisationsstrukturen hin zu demokratischen Strukturen, geht mit einem erheblichen Unternehmenswandel einher. Unternehmen, die diesen Weg gehen, stehen vor einem großen Change-Prozess.

Wenn Führungskräfte keine fest vorgegebenen Arbeitsanweisungen mehr geben und Beschäftigte eigenverantwortlich in komplexen Situationen entscheiden sollen, dann müssen ihre Aufgaben neu definiert und erlernt werden. Dies ist bei der Umsetzung der vierten industriellen Revolution frühzeitig zu betrachten. Die Entwicklung einer Innovationskultur, in einem partizipativen Prozess mit den Beschäftigten, kommt daher eine zentrale Bedeutung zu.

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