Sie wollen mehr Kreativität im Unternehmen? Dann stampfen Sie den internen Wettbewerb ein.
Ein unfaires Spiel nimmt seinen Lauf
Tag 2 im Demokratietraining nach Betzavta. “Wir spielen ein Spiel. Ziel ist die Schokolade zu bekommen. Teilt euch in Gruppen ein. Die Spieler ziehen bitte diese Karten. Wer über die Nummer 10, die auf dem Boden liegt, überschreitet, darf eine Regel aufstellen. Die Spieler gehen jetzt auf ihre Plätze.” Mehr wird nicht gesagt. Was dann passiert, ist das stillschweigend angenommen wird, dass die Nummern, die gezogen wurden, die Startnummern der Spieler sind, und dass die Spielerin in der besten Ausgangsposition anfangen darf, weil die Trainerin ihr den Würfel in den Hand gedrückt hat.
Als dann von einer Gruppe verlangt wird, man solle bevor man anfängt zu spielen, erst einmal mit allen Regeln aufstellen, entsteht eine emotionale Spannung. Angriffe werden gestartet und Zeitdruck erzeugt “Wir wollen jetzt endlich anfangen. Es geht schließlich darum die Schokolade zu bekommen”. Die Spielerin mit dem Würfel schmeisst, obwohl die Diskussion noch läuft, den Würfel, kommt über die 10 und will jetzt eine Regel bestimmen. Die Atmosphäre wird angespannter, die Diskussionen auch. Die Gruppe, die gemeinsam Regeln aufstellen wollte, unterliegt in einem Abstimmungsprozess, das Spiel beginnt und alle freuen sich über die Schokolade, die an alle verteilt wird.
Was ist passiert?
Ich beobachte häufig, dass Menschen, die im allgemeinen für ein faires Miteinander und Kooperation sind, in Situationen in denen Konkurrenzdruck und Wettbewerb (wie in diesem Spiel) erzeugt werden, ihre demokratischen Werte vergessen. Im Gehirn scheint dieser “Ich-will-gewinnen-Modus” eingeschaltet zu sein und der verhindern oft ein emphatisches und kreatives Miteinander.
Wenn Unternehmen Ziele für einzelne Abteilungen definieren, versucht natürlich jede Abteilung dieses Ziel zu erreichen und die eigenen Ressourcen dafür zu verwenden. Die Unterstützung einer anderen Abteilung, die das gesamte Unternehmen stärken könnte, wird eher nicht erwogen, weil man daran ja nicht gemessen wird.
Wettbewerb und Konkurrenz verhindert kreative Lösungskompetenz
Im Unternehmen sollten alle ein Ziel haben und daran gemessen werden, wie sie in Kooperation mit anderen, und mit Kreativität dazu beigetragen haben, dass dieses gemeinsame Ziel über die Abteilungsgrenzen hinweg erreicht wird. Das wäre im Sinne einer zukunftsfähigen Unternehmensstrategie.
Aber wir leben doch einem Wettbewerb!
Ja, das stimmt. Aber wir können auch entscheiden, wie wir im Wettbewerb miteinander umgehen. Im “Betzavta”Training, das “Miteinander” heißt, geht man davon aus, das ein Konflikt ein Gewinn für alle Beteiligten sein kann. In unserem Schokoladen-Spiel hätten wir auch viel Spaß haben können, wenn wir vorher auf die Interessen und die Bedürfnisse der gesamten Gruppe eingegangen wären. …Und nein, das hätte nicht lange gedauert. Denn die Auseinandersetzungen und der Unmut der beim Spiel und später da war, hat so viel Zeit, Kreativität und Spaß gekostet, dass eine Einigung am Anfang kein Zeitfaktor ist. Man muss natürlich alle Interessen als gleichwertig anerkennen und nicht seine eigenen als höhenwertiger definieren.
Wie soll das gehen?
Nach Betzavta gibt es vier Schritte zu einer demokratischen Entscheidungsfindung:
Wenn man diese Schritte im Kopf hat, dann lassen sich viele Konflikte in Potenziale umdrehen. Wir haben das im Seminar später erlebt.
Was soll man jetzt tun?
Als Führungskraft würde ich Mitarbeitende nicht in eine Konkurrenz oder Wettbewerbssituation versetzen, sondern Kooperation und Vernetzung im Unternehmen fördern. So können Prozesse effizienter und Innovationen entwickelt werden.
In Wettbewerbs- und Konkurrenzsituationen würde ich demokratische Werte vorleben und meine Interessen nicht über andere stellen. Ich würde versuchen die Interessen und Bedürfnisse der Beteiligten zu erkunden (transparent auf Plipchart u.ä. festhalten) und gemeinsam überlegen, ob es eine gute Lösung für alle gibt.
Wenn das nicht geht, würde ich die stillschweigenden Annahmen überprüfen (Muss das jetzt sein – oder geht auch später? Was ist dir besonders wichtig? Können wir das auch anders hinbekommen, so dass es dir/euch gut geht? Muss es genau das sein oder geht es auch woanders? ….etc)
Und wenn das nicht geht, dann brauchen wir einen Kompromiss, der alle gleichermaßen einschränkt.
Und wenn ich den nicht finde, erst dann (wichtig!) stimmen wir mehrheitlich ab.
Da will ich hin. Ich werde an mir arbeiten. Tanja Föhr
PS: Empfehle das Betzavta Training von Jürgen Schlicher und Sabine Sommer von Diversity-Works.
Kommentare